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Poisson-Gleichung

Ausgangspunkt für die Beschreibung von Ladungsträgerverteilungen und den damit verbundenen physikalischen Effekten sind die Maxwell-Gleichungen. In der Elektrostatik lauten diese Gleichungen für ein Feld $ \mathbf{E}( \bf {r})$ in Materie [Jac75]

$\displaystyle \nabla \times \mathbf{E} ( \bf {r})$ $\displaystyle =$ 0 (1.1)
$\displaystyle \nabla \mathbf{D}( \bf {r})$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \rho( \bf {r})$ (1.2)

zusammen mit der Materialgleichung

$\displaystyle \mathbf{D}( \bf {r})$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \epsilon_0 \mathbf{E}( \bf {r}) + \mathbf{P}( \bf {r}) \qquad.$ (1.3)

Es gelten die Bezeichnungen: für die elektrische Feldkonstante $ \epsilon_0$, die Ladungsträgerdichte $ \rho( \bf {r})$, die dielektrische Verschiebung $ \mathbf{D}( \bf {r})$ und die Polarisation $ \mathbf{P}( \bf {r})$.


Mit der ortsabhängigen, relativen Dielektrizitätskonstante $ \epsilon( \bf {r})$ schreibt sich die dielektrische Verschiebung $ \textbf{D}( \bf {r})$ als

$\displaystyle \textbf{D}(\textbf{r}) = \epsilon(\textbf{r}) \epsilon_0 \mathbf{E} ( \textbf{r} ) \qquad.$ (1.4)

Aus (1.1) folgt die Existenz eines skalaren Potentials $ \phi( \bf {r})$ [Wüs95, Satz 18.10 und Satz 18.12]

$\displaystyle - \nabla \phi ( \bf {r} ) = \mathbf{E} ( \bf {r}) \qquad.$ (1.5)

Dieses eingesetzt in (1.4) zusammen mit (1.2) ergibt die Poisson-Gleichung der klassischen Elektrodynamik mit einer ortsabhängigen, relativen Dielektrizitätskonstante $ \epsilon(\textbf{r}) $

$\displaystyle \boxed{ \epsilon_0 \nabla \lbrack \epsilon( \textbf{r} ) \nabla \phi ( \textbf{r} ) \rbrack = - \rho ( \textbf{r} )}\qquad.$ (1.6)

Die Ladungsdichte (pro $ cm^{-3}$ ) $ \rho( \bf {r})$ in einem Halbleiterbauelement setzt sich zusammen aus der Ladungsträgerdichte der freien Elektronen $ n^{3d}(\bf {r})$, schweren Löchern $ p^{3d}_{hh}(\bf {r})$ und leichten Löchern $ p^{3d}_{lh}(\bf {r})$, sowie den Dichten der ionisierten Akzeptoren $ N_A^-(\bf {r})$ und Donatoren $ N_D^+(\bf {r})$. Es gilt

$\displaystyle \rho(\textbf{r}) = e [ p^{3d}(\textbf{r}) - n^{3d}(\textbf{r}) - N_A^-(\textbf{r}) + N_D^+(\textbf{r}) ]$ (1.7)

mit der Elementarladung $ e > 0$ und $ p^{3d}(\textbf{r}) = p^{3d}_{hh}(\textbf{r}) +
p^{3d}_{lh}(\textbf{r})$.


Bei Gleichung (1.6) handelt es sich um eine Differentialgleichung zweiter Ordnung, für eine eindeutige Lösung werden Randbedingungen auf der Oberfläche $ \partial V$ des Bauelements benötigt [Wüs95, Satz 24.7]. Diese lassen sich als Dirichlet-Randbedingung ( $ \phi (\textbf{r})$ auf $ \partial V$ gegeben)

$\displaystyle \left. \phi ( \textbf{r} ) \right\vert _{\textbf{r} \in \partial V} = C_{\phi}$ (1.8)

oder als Neumann-Randbedingung (Normalen-Ableitung von $ \phi (\textbf{r})$ auf $ \partial V$ gegeben)

$\displaystyle - \epsilon_0 \epsilon ( \textbf{r} ) \nabla \phi ( \textbf{r} ) \...
...ial V} = e \left.\sigma ( \textbf{r} ) \right\vert _{\textbf{r} \in \partial V}$ (1.9)

formulieren. $ C_{\phi}$ ist eine Konstante, $ \textbf{n} ( \textbf{r} )$ der Normalenvektor auf der Oberfläche des Bauteils, $ \sigma (\textbf{r})$ die Oberflächenladungsdichte (Einheit: $ cm^{-2}$). Die Dirichlet-Randbedingung liefert ein eindeutiges Potential, bei ausschließlicher Verwendung der Neumann-Randbedingung bestimmt man das Potential bis auf eine Konstante. Letztere ist unbedeutend, da sie zum Beispiel bei Gradientenbildung zur eigentlich interessierenden Feldstärke $ \mathbf{E}
(\textbf{r})$ wegfällt. Eine physikalisch eindeutige Lösung ist also durch beide Typen von Randbedingungen festgelegt [Nol97].


Die zu untersuchenden Halbleiterstrukturen mit Quantenpunkten werden schichtweise gewachsen [Bim99], das heißt in Wachstumsrichtung (negative z-Achse) variieren Struktureigenschaften wie verwendeter Materialtyp oder Dotierungskonzentration, lateral sind die Struktureigenschaften konstant. Bei der Beschreibung eines Bauteils wird sich dieser Umstand zu Nutze gemacht, in dem man die eindimensionale Poisson-Gleichung

$\displaystyle \epsilon_0 \partial_z \lbrack \epsilon( z ) \partial_z \phi ( z ) \rbrack = - \rho ( z )$ (1.10)

mit

$\displaystyle \rho(z) = e [ p^{3d}(z) - n^{3d}(z) - N_A^-(z) + N_D^+(z) ]$ (1.11)

betrachtet. Dies führt zu einer erheblichen Reduktion des Rechenaufwands.


Gesetzmäßigkeiten zum Berechnen der Ladungsträgerdichten werden in den folgenden Abschnitten 1.2 und 1.3 abgeleitet.


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Alexander Rack 2002-05-25